By Dr Andy Richardson BVSc CertAVP(ESM) MRCVS, NAF Veterinary Director
Schmerzfreiheit ist eine der 5 Grundfreiheiten, die alle Tierhalter per Gesetz einhalten müssen. Schmerzen auf ein Minimum zu reduzieren, gewährleistet das Wohlergehen der Tiere und schafft optimale Bedingungen für die Genesung von Krankheiten und Verletzungen.
Um Schmerzen bei Pferden zu behandeln, müssen wir jedoch zunächst in der Lage sein, genau zu erkennen, wann unsere Pferde Anzeichen von Unbehagen zeigen. Extreme Schmerzen können offensichtlich sein, aber chronische Schmerzen auf niedrigem Niveau sind viel schwieriger zu erkennen, haben aber dennoch wichtige Auswirkungen auf das Wohlbefinden.
Die Erkennung von Schmerzen beim Menschen wird natürlich durch die Fähigkeit des Patienten erleichtert, Art, Ort und Intensität des Schmerzes festzustellen. Diesen Luxus haben wir bei Pferden natürlich nicht, sodass wir als Tierärzte und Pferdebesitzer unbedingt in der Lage sein müssen, Schmerzen zu beurteilen, bevor eine angemessene Schmerzbehandlung eingeleitet werden kann.
Was ist normales Verhalten?
Die Diagnose von Schmerzen bei Pferden beruht weitgehend auf einer subjektiven Einschätzung ihres Verhaltens. Daher ist es sehr nützlich, sich zunächst einmal anzuschauen, welche Verhaltensmuster bei Pferden normal sind.
Pferde sind Pflanzenfresser - Weidetiere, die ursprünglich in Herden lebten und sich auf die Flucht als wichtigste Methode zur Verteidigung gegen Raubtiere verließen. Die Herden überlebten, indem sie sich von Grasland mit Raufutter von geringem Nährwert ernährten. Um Raubtieren zu entgehen, mussten sie extrem wachsam sein und zum gegenseitigen Schutz in Gruppen von Tieren leben. Die Aggression zwischen den Tieren in diesen Gruppen ist minimal und mild und beruht hauptsächlich auf subtilen Kommunikationszeichen und rituellen Handlungen. Dazu trug bei, dass die Herden eine klar definierte Dominanzhierarchie hatten.
Um auf minderwertigem Grasland überleben zu können, hat sich der Darm des Pferdes so entwickelt, dass er viele Stunden lang Raufutter mit geringem Energiewert aufnehmen kann. Pferde sind ständig in Bewegung, um neue Weideflächen zu finden.
Durch die Domestizierung der Pferde mussten sie sich anpassen, doch viele ihrer natürlichen Verhaltensweisen sind erhalten geblieben, was ein wichtiger Faktor ist, um zu erkennen, wann sie möglicherweise Schmerzen haben. So heben Pferde zum Beispiel häufig den Kopf, wenn sie vom Boden fressen, auch wenn sie in der Box stehen, wahrscheinlich um Raubtiere besser sehen zu können. Bei wilden Pferden dient das Scharren auf dem Boden als Methode, um die Wurzeln der Pflanzen freizulegen, wo die Nährstoffe stärker konzentriert sind. Eine natürliche Ruheposition für das Pferd ist der gesenkte Kopf mit nach vorne oder zur Seite gerichteten Ohren. Sie ruhen oft mit einem Hinterbein und gähnen oder strecken sich am Ende der Ruhezeit. Wenn sie nicht ruhen oder fressen, sind Pferde eher wachsam oder in Bewegung.
Wie man Schmerzen erkennt
Um zu versuchen, Schmerzen bei Pferden so gründlich wie möglich zu beurteilen, ist es sinnvoll, Schmerzen in die folgenden Kategorien einzuteilen. Auf schmerzbedingtes Verhalten wird weiter unten ausführlicher eingegangen. Physiologische Parameter, die sich verändern können, wenn ein Pferd Schmerzen hat, sind unten aufgeführt, aber eine detaillierte Diskussion würde den Rahmen dieses Artikels sprengen.
Schmerzbedingtes Verhalten
Um zu verstehen, wie der Schmerz das Verhalten unserer Pferde beeinflusst, müssen wir zunächst die Frage beantworten, was der Schmerz ist. Schmerzen können als akut oder chronisch bezeichnet werden.
Akuter Schmerz (erst kürzlich aufgetreten/kurzzeitig, oft von höherer Intensität) veranlasst ein Tier dazu, sich von Aktivitäten zurückzuziehen, um weitere Verletzungen zu vermeiden, z. B. veranlasst ein Bruch ein Pferd dazu, sich nicht übermäßig zu bewegen, um das Risiko einer Verschlimmerung zu verringern. Der Schmerz erinnert das Gehirn auch daran, den schmerzhaften Reiz in Zukunft zu vermeiden, um ein erneutes Auftreten zu verhindern, wie z. B. beim Elektrozaun.
Chronische Schmerzen (langanhaltend, oft von geringerer Intensität) sind schwieriger zu definieren und spiegeln möglicherweise ein Ungleichgewicht der körpereigenen entzündungsfördernden und entzündungshemmenden Mechanismen wider. Chronische Schmerzen sind für uns oft weniger nützlich, da sie uns daran hindern können, unsere tägliche Routine fortzusetzen, einschließlich der Bewegung. Bei Pferden sind chronische Schmerzen für uns oft am schwersten zu erkennen. Beispiele für Erkrankungen, die chronische Schmerzen verursachen, sind Magengeschwüre, Zahnschmerzen, überschießende Dornfortsätze und Arthrose.
Pferde mit Schmerzen können allgemeine oder spezifischere Verhaltensmerkmale oder eine Kombination aus beidem aufweisen.
Zu den allgemeinen Verhaltensmerkmalen von Pferden mit Schmerzen gehören:
Zu den spezifischen Verhaltensmerkmalen gehören je nach Schmerzursache unter anderem:
Darüber hinaus gibt es auch Anzeichen für Schmerzen, die viel schwieriger zu erkennen sind. Obwohl diese Verhaltensweisen auch mit nicht schmerzhaften Ursachen in Verbindung gebracht werden können, z. B. bei einem jungen Pferd in der Ausbildung, müssen wir uns als Tierärzte und Pferdebesitzer unbedingt immer die Frage stellen, ob Schmerzen die zugrundeliegende Ursache sind.
Beispiele für solche schwer zu erkennenden Schmerzindikatoren sind:
Um es noch einmal zu betonen: Diese Verhaltensweisen müssen nicht immer auf Schmerzen zurückzuführen sein, aber Schmerzen sollten immer zumindest in Betracht gezogen werden.
Schmerzen einschätzen
All diese Überlegungen führen uns zurück zur Schlüsselfrage: Woher weiß ich, ob mein Pferd Schmerzen hat? Bei vielen akuten Schmerzzuständen ist es für einen erfahrenen Pferdemenschen, Tierarzt oder Pferdefachmann offensichtlich - zum Beispiel bei einem Pferd mit Hufrehe, das zurückwippt, um das Gewicht von den Vorderfüßen zu nehmen.
Die vielfältigen Ursachen für allgemeinere, oft chronische Schmerzen sind jedoch viel schwieriger zu erkennen.
Der erste Schritt sollte immer eine Konsultation mit Ihrem Tierarzt sein. Eine gründliche Untersuchung ist in der Regel der erste Schritt, und es kann sehr hilfreich sein, dem Tierarzt Videos vom Verhalten Ihres Pferdes vorzulegen. Unter Umständen sind mehrere Begutachtungen erforderlich, um sich ein genaues Bild von den festgestellten Verhaltensweisen und möglichen Ursachen zu machen. Weitere diagnostische Tests wie Nervenblockaden, Röntgenaufnahmen oder andere Verfahren können erforderlich sein, um die mögliche Ursache weiter einzugrenzen. Schmerzskalen können nützlich sein, um zu versuchen, den Schweregrad der Schmerzen zu messen und zu überwachen.
Eine weitere wertvolle Technik ist der Versuch einer kurzfristigen Schmerzlinderung, um zu sehen, ob dies zu einer Verhaltensänderung führt. Dabei kann ein lokales Anästhetikum in einen bestimmten Bereich, z. B. ein Gelenk oder den Rücken, injiziert werden, um zu prüfen, ob sich das Verhalten des Pferdes unmittelbar danach ändert. Alternativ kann Ihr Tierarzt auch eine orale Schmerzbehandlung empfehlen, um zu sehen, ob sich das Verhalten über einen längeren Zeitraum von 1 bis 2 Wochen ändert.
Langfristige Optionen
Für viele Erkrankungen gibt es eine spezifische Behandlung, die dazu beiträgt, die Schmerzursache bei Ihrem Pferd zu beseitigen oder zu verringern. Zum Beispiel die chirurgische Entfernung eines Gelenkfragments oder die Entfernung eines beschädigten Zahns.
Es gibt jedoch auch Erkrankungen, die eine längerfristige Schmerzlinderung als Teil der Krankheitsbewältigung erfordern. Beispiele hierfür sind Arthritis oder Veränderungen am Strahlbeinapparat.
Es gibt auch entzündliche Zustände, bei denen eine angemessene Bewegung von Vorteil sein kann, wenn sie unter Beibehaltung eines akzeptablen Komforts durchgeführt werden kann. So profitieren beispielsweise Pferde mit überschießenden Dornfortsätzen (Kissing Spines) häufig von Übungen zum Aufbau der muskulären Unterstützung des Rückens, sobald die Ursachen beseitigt wurden. Bei diesen Beispielen hilft oft auch der gezielte Einsatz von oralen Produkten, die den Komfort erhalten.
Zu den Optionen für eine langfristige Schmerzlinderung gehören orale nichtsteroidale Antirheumatika (NSAID) wie Phenylbutazon ('Bute') oder Meloxicam. Die langfristige Einnahme von NSAIDs sollte immer mit Bedacht erfolgen, da sie unerwünschte Nebenwirkungen wie Magengeschwüre, Dickdarmentzündungen und Nierenschäden hervorrufen können⁴.
Andere Optionen für eine langfristige Linderung sind natürliche Entzündungshemmer auf pflanzlicher Basis, die weniger Nebenwirkungen haben können. Achten Sie hier auf ein tierärztlich empfohlenes Produkt, das vorzugsweise unabhängig getestet wurde.
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